Tierische Fasern fallen in die Kategorie der Naturfasern. Sie sind proteinhaltige Fasern, die von unterschiedlichen Tierarten wie Schafen, Ziegen, Kamelarten, Enten, Kaninchen oder der Seidenraupe stammen. Dabei handelt es sich bei den meisten Tierarten um das sogenannte Fell bzw. Haar der Tiere. Während bei Schafen, Ziegen, Kamelarten und Kaninchen das Haar der Tiere geschoren wird, werden von Enten die weichen, kurzen Federn – sogenannte Daunen – gerupft. Leder sowie Pelz sind zwar auch vom Tier stammende Materialien, fallen jedoch nicht in die Kategorie der Fasern, sie werden als nicht-faserartiges, tierisches Material bezeichnet. Hier erfährst du mehr über die Produktion von Leder.
Tierische Fasern sind besonders beliebt aufgrund ihrer großartigen, natürlich gegebenen Eigenschaften. Diese können nicht durch chemische Prozesse imitiert werden. Wolle ist dabei das Allround-Talent: Sie ist wasserabweisend, atmungsaktiv, geruchsneutralisierend sowie wärmeisolierend. Wolle kann dadurch auch am vielfältigsten eingesetzt werden. Merinowolle findet am meisten Anwendung in Bekleidung. Somit wird sie nicht nur für den klassischen Woll-Pullover, sondern für Wintermäntel und Anzüge aber auch für Sport- und Funktionsbekleidung verwendet, ebenso für Sakkos, Blazer und Anzughosen. Das liegt vor allem daran, dass Wolle Schweiß binden und Gerüche neutralisieren kann. Man muss die Bekleidung nur ein paar Stunden an die frische Luft hängen. Ebenso ziehen sich die Wollfasern wieder zusammen und die Form bleibt erhalten.
Feine Tierhaare wie Kaschmir & Alpaka können besonders gut Körperwärme speichern und haben einen luxuriösen Griff. Deshalb werden sie vor allem für wärmende Oberbekleidung eingesetzt. Kaschmir wird insbesondere wegen seiner extremen Feinheit und seidigen Struktur genutzt, sie gilt als edelste aller Tierhaare. Die Fasern fühlen sich besonders angenehm und weich auf der Haut an und haben einen luxuriösen Griff. Alpakafasern sind sehr geschmeidig und wärmen besonders stark, sie sind 3-5-mal so warm wie Wolle. Kaschmir und Alpaka, aber auch andere Tierhaare wie Mohair oder Angora, werden gerne mit Wolle gemischt, um dem Bekleidungsstück einen luxuriöseren Griff und Geschmeidigkeit zu verleihen.
Seide ist wegen der besonders weichen, glänzenden und fließenden Art des Stoffes so beliebt. Sie lässt sich wunderschön drapieren und ist knitterfrei, wird daher vor allem für Kleider, Blusen und Röcke eingesetzt. Seide ist nicht nur die stärkste aller Fasern, sie hat auch die großartige Eigenschaft, Feuchtigkeit schnell aufzunehmen und genauso schnell wieder abzugeben, d.h. Seide trocknet besonders schnell. Daune wiederum findet als isolierendes Füllmittel in Winterjacken- und Mänteln Verwendung sowie in Kissen und Decken. Die weichen, kurzen Daunenfedern können viel Luft einschließen und haben daher eine hohe Wärmespeicherkapazität.
Aufgrund unzureichender Haltungsbedingungen, fehlender oder mangelhafter Tierwohl-Standards und -gesetzen und Praktiken wie Mulesing werden tierische Fasern aus ethischer Sicht immer wieder kritisch in Frage gestellt. Neue wissenschaftliche Studien betonen zudem, dass bisherige Tierwohl-Standards, die auf dem Prinzip der 5 Freiheiten basieren, nicht ausreichen und stattdessen der gesamte mentale Zustand eines Tieres betrachtet werden sollte.
Darüber hinaus werden tierische Fasern auch aus ökologischer Sicht immer wieder kritisch betrachtet – aufgrund der hohen Treibhausgasemissionen, die bei der Haltung der Nutztiere anfallen, insbesondere durch Methan und den Anbau von Futtermitteln. Die industrielle Viehhaltung ist zudem neben dem Abbau fossiler Brennstoffe einer der größten Treiber für den Verlust der biologischen Vielfalt (Waldrodung, veränderte und intensive Landnutzung, Bodenerosion, Wasserverbrauch und -verschmutzung). Warum es jedoch aus rein ökologischer Sicht nicht immer sinnvoll ist, einfach stattdessen vegane Alternativen zu kaufen, haben wir bereits in dem Artikel „Vegane Kleidung = besser für die Umwelt?“ detailliert erörtert und erklären auch, welche wichtigen Aspekte gerne in der Diskussion ignoriert werden.
Wenn wir uns die Produktion tierischer Fasern ansehen, ist es wichtig, die Auswirkungen tierischer Fasern differenziert zu betrachtet. Denn die Emissionen der einzelnen Tierarten und -rassen, deren individuelle Auswirkungen, Haltungsform und die Produktionssysteme variieren weltweit sehr stark und somit auch ihr Impact auf die Umwelt.
Während Industrien wie die Schafindustrie (Wolle macht den größten Anteil aller tierischen Fasern aus) früh industrialisiert wurden, werden noch schätzungsweise 90% aller Alpakas von Kleinbäuer*innen v.a. indigener Bevölkerungsgruppen mit Herden von weniger als 100 Tieren gehalten. Grundsätzlich kann man annehmen: Je mehr Tiere auf einer kleinen Weidefläche gehalten werden, also eine intensive Landnutzung betrieben wird, desto stärker kann die Natur beeinträchtigt werden. Verbesserte Weidemechanismen, reduzierte Viehbestände und regenerative Methoden sind daher essenziell, um die Viehhaltung nachhaltiger zu gestalten und die Bodengesundheit zu stärken.
Letztendlich kommt es auf die jeweiligen Produktionssysteme (industrielle Massentierhaltung vs. Kleinbauern*Kleinbäuerinnen) und ihre Praktiken an und auf die finanziellen Möglichkeiten, die Faserproduzent*innen haben. Viele der weltweit ärmsten Menschen, vor allem in ländlichen Regionen, sind von Landwirtschaft bzw. Viehwirtschaft als einziger möglicher Einnahmequelle abhängig. Umso wichtiger ist es, dass Brands transparent nachvollziehen können, woher die Rohmaterialien stammen und durch Kooperation mit ihrer Lieferkette Farmer*innen langfristig und partnerschaftlich unterstützen.
Essenziell in der Betrachtung der gesamten Auswirkungen ist vor allem die Nutzungsphase unserer Kleidung, d.h. wie oft und wie lange wir ein Kleidungsstück tragen können und wie es gepflegt werden muss. Verglichen mit Pflanzenfasern sowie Chemiefasern sind tierische Fasern in ihrer Nutzungsphase deutlich umweltschonender, da sie weniger und schonender gewaschen werden müssen. Dadurch werden hohe Mengen an Energie, Wasser sowie Wasch- und Pflegemittel gespart, zudem können die Fasern aufgrund ihrer regenerativen Eigenschaften deutlich länger getragen werden. Voraussetzung dafür ist die richtige Pflege.
Grundsätzlich gilt: Weniger und bedachter kaufen! Wenn du tierische Fasern kaufst, dann investiere am besten in reine Fasern (kein Mix mit synthetischen Fasern), die im besten Fall wieder recycelt werden können. Und überlege dir gut, wie oft und wie lange du das Kleidungsstück tragen wirst. Klassische Wollpullover, Seidenkleider- und Blusen in zeitlosen Farben lassen sich bei richtiger Pflege sehr lange tragen. Also von Impulskäufen und knalligen Farben oder Mustern, die nach einer Saison wieder out sind, am besten die Finger lassen. Ratsam ist auch immer, auf ökologische Standards wie GOTS zu achten, somit werden – neben kontrolliert biologischer Haltung, Tierwohl – umweltschonende Verfahren und Verarbeitungsmechanismen in der gesamten Produktionskette eingesetzt.
Recycelte Tierfasern oder Second Hand und Vintage Kleidung aus tierischen Fasern sind die beste Möglichkeit, um den ökologischen Impact zu reduzieren. Gleichzeitig wird die Nachfrage nach neuen Fasern reduziert und bestehende Ressourcen genutzt, um neue Kleidung zu schaffen, die eine lange Lebensdauer hat. Komodo setzt in seinen Cardigans beispielsweise recycelte Wolle ein.
Pflanzlich-basierte Alternativen wie Tencel™ Lyocell anstatt Seide oder Kapok anstatt Daune sind zudem gute Alternativen, die umweltfreundlich und vegan sind. Wenn du allgemein keine tierischen Materialien tragen möchtest, solltest du dir Vegane Kleidung = nachhaltig? einmal durchlesen, worauf du bei veganer Kleidung unbedingt achten solltest.