Obst spielt in der Produktion nachhaltiger Materialien eine wichtige Rolle. Findigen Wissenschaftlern ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, aus Fruchtfasern von Ananas, Mango und Apfel umweltfreundliche Leder-Alternativen zu entwickeln, die echtem Leder in Sachen Optik und Strapazierfähigkeit in nichts nachstehen. Kein Wunder also, dass man bei Rhabarberleder zunächst ebenfalls an veganes Leder denkt. Tatsächlich handelt es sich aber um echtes Leder, das mithilfe eines Extrakts aus der Rhabarberwurzel umweltschonend und rein pflanzlich gegerbt wird.
Bereits in der Antike wurden rohe Tierhäute mit Säften aus verschiedenen Pflanzen behandelt, um die schnell verderblichen Naturmaterialien stabil und haltbar zu machen. Ein aufwändiger Prozess, der in der konventionellen Lederindustrie durch die Verwendung von Mineralsalzen und weiteren chemischen Zusätzen deutlich beschleunigt wurde. Die Gerbung mit Chromsalzen birgt jedoch enorme gesundheitliche Risiken: Bei der Produktion gelangen schädliche Substanzen über das Abwasser in die Umwelt, Chrom-III-Salz kann selbst in fertigen Leder-Produkten Allergien hervorrufen und zudem leicht zu Chrom-VI oxidieren, einer stark krebserregenden Verbindung.
Mit der vegetabilen Gerbung kehrt deepmello, eine junge Marke aus Leipzig, gleich im doppelten Sinn zu den Wurzeln zurück: Bei der Lederverarbeitung, die sich auf die traditionellen pflanzlichen Verfahren besinnt, kommen Extrakte aus der Rhabarberwurzel zum Einsatz.
Dass sich die Rhabarberwurzel als Gerbstoff für Leder nutzen lässt, hatte Professor Ingo Schellenberg bereits in den 1990er Jahren entdeckt. Gemeinsam mit ihm forschte die promovierte Ernährungswissenschaftlerin Anne-Christin Bansleben an der Hochschule Anhalt nach einer umweltfreundlichen und zugleich gesundheitlich unbedenklichen Alternative zur konventionellen Chromgerbung. Mehrere Jahre wurden diverse Rhabarber-Arten getestet und der Anbau der Pflanzen optimiert, um einen Gerbstoffextrakt zu entwickeln, der die Struktur der Tierhäute bewahrt, sie dauerhaft in Form hält und dem „deepmello-Leder“ zusätzlich durch einen weichen Griff verleiht.
Wichtig war Anne-Christin Bansleben nicht nur, ein umweltschonendes Gerbverfahren zu entwickeln, sondern auch dass die komplette Herstellung des Rhabarberleders in Deutschland stattfindet – vom Anbau der nachwachsenden Rohstoffe über die Extraktion der Gerbstoffe bis zu Gerbung und Finishing. Auch die Tierhäute stammen von heimischen Rindern, die artgerecht gehalten werden. Alle Produktionsschritte erfolgen unter Einhaltung der strengen „IVN Naturleder“ Richtlinien des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft e.V.
Mittlerweile werden von Anne-Christin Banslebens Firma rhubarb technology sechs verschiedene Bio-Leder-Kollektionen an zahlreiche Unternehmen vertrieben. Das umweltfreundliche Material eignet sich nicht nur für Mode, sondern auch zur Herstellung von Möbeln und hochwertiger Yacht- und Automobil-Ausstattung.
Unter dem Namen deepmello & friends sind nachhaltige und faire Produkte von bekannten Labels wie zum Beispiel Lanius, JYoti Fair Works, Jan’n June sowie aus eigener Herstellung erhältlich. Zum Sortiment der Eigenmarke deepmello gehören neben Jacken, Taschen und Accessoires aus Rhabarberleder auch zeitlos-elegante Kleider, Tops und Jumpsuits aus umweltfreundlichen Stoffen wie reiner Bio-Seide, Modal, TencelTM und Bio-Satin. Sämtliche deepmello-Artikel werden in Deutschland und Portugal in Betrieben mit fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen gefertigt.