Wenn von Recycling gesprochen wird, wissen die Meisten was gemeint ist. Der Begriff „Recycling” wurde zwar erst in den achtziger Jahren eingedeutscht, aber das Konzept, Abfallprodukte wiederzuverwenden, ist kein Neues. Auch Textilien werden seit Jahrhunderten recycelt, wenn auch damals anders als heute. Große Modemarken werben inzwischen mit ihren „Green Collections” aus recycelten Materialien und bieten ihren KundInnen an nicht mehr getragene Kleidung in ihren Geschäften abzugeben, damit sie recycelt werden. Im Austausch gibt es dafür oft einen Shopping-Gutschein für den nächsten Einkauf. Mit Klimabewegungen wie Fridays For Future und einem wachsenden Umweltbewusstsein vor allem unter jungen Menschen ist Recycling regelrecht zum Trend geworden. Neu dazugesellt hat sich in den letzten Jahren der Begriff „Upcycling”. Aber was bedeuten diese Begriffe eigentlich und wie unterscheiden sie sich?
Recycling, wörtlich übersetzt, heißt so viel wie „wieder in den Kreis bringen”. Materialien, wie zum Beispiel Polyester, die einmal in den Umlauf gekommen sind, sollen also, nachdem ein Produkt nicht mehr gebraucht wird, wieder in den Produktionskreislauf gebracht werden, damit etwas Neues und Gleichwertiges daraus entstehen kann. In der Modeindustrie bedeutet das, dass ein T-Shirt am Ende seines Lebens geschreddert wird um an die Ausgangsfasern zu kommen, aus denen dann ein neues Garn gesponnen und ein neues T-Shirt gewoben werden kann. Hier wird es jedoch schwierig, denn die meisten Kleidungsstücke, die heute im Umlauf sind, bestehen nicht nur aus einem Fasertyp, so genanntem Monomaterial, sondern aus zwei oder mehr. Jeans beispielsweise, die zum größten Teil aus Baumwolle bestehen, wird häufig Elasthan beigemischt, um die Elastizität und den Tragekomfort zu erhöhen. Aber warum ist das ein Problem?
Wenn ein T-Shirt neu hergestellt wird, zum Beispiel aus Baumwolle, dann werden dafür lange Baumwollfasern verwendet, die dem Garn eine starke Struktur geben. Beim Recycling, wenn das T-Shirt klein geschreddert wird, werden diese langen Fasern zerstört – was bleibt sind kurze Fasern von niedrigerer Qualität. Um wieder ein hochwertiges Produkt zu schaffen, müssen deshalb neue Fasern beigefügt werden: oftmals ist das Polyester, also Plastik. Das neue T-Shirt besteht nun aus einem Fasermix, der nur schwer und sehr kostenaufwendig getrennt werden kann.
Dazu kommt, dass es häufig gar nicht klar ist, welche Materialien eigentlich in einem Kleidungsstück stecken, weil das Label ausgeblichen ist oder abgeschnitten wurde und sein Ursprung nicht mehr nachvollzogen werden kann.
Was bleibt ist „Downcycling”, das Herabwerten eines Produktes durch Recycling: Das T-Shirt wird zum Putzlappen, die Jeans zum Isoliermaterial und was gar nicht mehr gerettet werden kann, wird verbrannt.
Das Gegenteil dazu ist das Upcycling: ein Produkt, dass in seinem jetzigen Zustand keinen Gebrauch mehr findet, wird durch verschiedene Modifizierungen in ein gleichwertiges oder sogar höherwertiges Produkt (deshalb „Up”-cycling) umgewandelt. Dabei kann es sich schon um kleine Veränderungen, wie einer neuen Färbung oder Stickereien, handeln oder um eine komplette Umfunktionierung – so wird aus einem altbackenen Vorhang ein cooler Anzug mit Print oder aus einem alten Top ein neuer Mundschutz. Upcycling hat einige Vorteile gegenüber herkömmlichem Recycling: es ist zugänglich für jede*n, erfordert weniger Arbeitsschritte, benötigt keine Beisetzung von neuen Rohstoffen und erzielt schnelle Ergebnisse.
Heißt das, dass Recycling schlecht ist? Nein. Recycling bleibt eine gute Lösung für Monomaterialien und für all die Lieblingsteile, die bis zur Untragbarkeit getragen wurden. Außerdem ist das Recycling zeitlich effizienter, wenn es sich um große Massen an Textilien handelt, da Upcycling zum größten Teil Handarbeit erfordert. Inzwischen gibt es auch die ersten Technologien, die per Scan eines Kleidungsstückes deren Zusammensetzung erkennen können und sie dementsprechend sortieren. Das erleichtert den Prozess nicht nur, sondern rettet auch einige Teile, die sonst im Downcycling gelandet wären.