Hanf ist eine sogenannte Bastfaser. Wie auch Flachs, Jute oder Brennnessel wird diese Naturfaser aus den Stängeln der Hanf-Pflanze gewonnen. Seit Tausenden von Jahren wird Hanf auf allen Kontinenten angebaut und genutzt. Doch wer jetzt an ungewaschene Hippiekleider, langweilige braune Hosen oder Marihuana denkt, liegt falsch. Nutzhanf, eine Unterart des Cannabis sativa, enthält so wenig der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol (THC), einer von mehr als 100 Cannabinoiden, die Cannabis enthält, dass er auch den Spitznamen „nüchterner Cousin” von Marihuana trägt – berauscht wird von diesem Hanf niemand.
Gewebe aus reinem Hanf hat eine ähnliche Textur wie Leinen, enthält aber zusätzlich auch einen natürlichen Schutz gegen UV-Strahlen. Der weitere Vorteil von Hanf ist, dass die Faser im Winter warmhält und im Sommer kühlt. Außerdem ist Kleidung aus Hanf atmungsaktiv und generell biologisch abbaubar.
Das Gewebe selbst ist eher grob, daher wird es gerne mit anderen Naturfasern gemischt. So profitiert ein Kleidungsstück von der Haltbarkeit der Hanffaser, wird aber durch die Kombination mit beispielsweise Baumwolle weich und geschmeidig. Hanf eignet sich besonders für Textilien, die langlebig und strapazierfähig sein sollten. Im Vergleich zu anderen Faserarten ist Hanf kaum dehnfähig, dadurch behalten die Kleidungsstücke lange ihre Form.
Früher war Hanf eine reine Nutzpflanze aus der unter anderem Kleidung aber auch Seile hergestellt wurden und erlebt gerade ein Revival. Zahlreiche Industrien erkennen den Wert von Hanf: Die Nutzpflanze ist vielseitig einsetzbar – sei es für Papier, Biokraftstoff oder als Öl und Samen in der Ernährung, aber auch für Kleidung. KonsumentInnen wünschen sich umweltfreundlichere Bekleidung, deren Herstellung der Umwelt so wenig wie möglich schadet. Die Politik hält mit, nach und nach werden die Gesetze zum Anbau von Hanf als Nutzpflanze angepasst.
Im Englischen trägt Hanf den Übernamen Weed, was so viel wie Unkraut bedeutet: Die Pflanze wächst enorm schnell und dicht. Gemäß einem Artikel des Onlinemagazins Slate der The Washington Post benötigt Hanf für denselben Ertrag nur halb so viel Fläche im Vergleich zu Baumwolle. Die Pflanze erstickt unerwünschte Ansiedler, was den ökologischen Vorteil hat, dass der Anbau von Hanf kaum Pestizide benötigt – die kluge Pflanze reduziert Mitbewohner, die ihr schaden könnten, auf natürliche Weise.
Auch wirft Hanf viele Blätter bereits vor der Ernte ab und gibt somit dem Boden Nährstoffe für die nächste Anpflanzung zurück. Hanf wird meist in niederschlags- und grundwasserreichen Gegenden angebaut, was die Menge an Wasser in der Rohstofferzeugung reduziert.
Allerdings ist der Rohstoffverlust bei der Gewinnung der Faser relativ hoch, da zahlreiche Schritte wie die Entnahme aus den Stängeln nötig sind. Auch die Weiterverarbeitung kann sich auf die Umwelt auswirken: Damit aus der Hanfpflanze einen Stoff werden kann, werden die Fasern durch ein Rösteverfahren von der Rinde abgetrennt. Dabei zerstören Mikroorganismen die pektinhaltige Gewebeschicht, die die Faser umhüllt. Dieser Prozess kann mechanisch erfolgen, sodass keine Chemikalien eingesetzt werden müssen. Allerdings setzen viele Unternehmen auf chemische Prozesse, da sie schneller und günstiger sind.
Eine dieser Methode ist die sogenannte Wasserröste. Das energieintensive Verfahren benötigt den Einsatz von Chemikalien wie Schwefelsäure, Natriumhydroxid oder Chlorkalk, was bedeutet, dass das Abwasser aus dem Prozess richtig entsorgt werden muss, damit es nicht dem Ökosystem schadet. Die auf die Weise hergestellte Faser wird auch Hanf-Viskose genannt. Da die Herstellung von Viskose oft alles andere als umweltfreundlich ist, sollte man auf eine solche Mischfaser verzichten, im Zweifel immer das Label checken.
Weniger umweltschädlich ist die Tauröste. Bei diesem Verfahren bleibt das Hanfstroh einige Wochen auf den Feldern liegen. Durch den Tau entwickeln sich Mikroorganismen, die die Zersetzungs- und Umwandlungsprozesse auslösen.
Der Einsatz von Wasser und Pestiziden ist wie bei jeder anderen Faserart abhängig vom Anbaugebiet sowie der Anbauart. Biologische und regenerative Systeme sind den industriellen Monokulturen vorzuziehen, da nur der Bio-Anbau garantiert, dass keine schädlichen Chemikalien eingesetzt werden. Das Endprodukt ist aber auch nur dann umweltfreundlich, wenn auch die Produktion umweltschonend erfolgt.
Um eine weiche Faser zu produzieren, sind mechanische sowie chemische Vorgänge nötig. Die Wahl der Faser ist somit nicht das einzig Entscheidende für umweltfreundliche Kleidung. Auch im Herstellprozess müssen die richtigen Techniken verwendet werden, um die Auswirkungen auf die Umwelt niedrig zu halten. Hier gilt es darauf zu achten, dass die Produkte ohne chemische Zusätze gefertigt wurden. In vielen Herstellerländern werden Kleidungsstücke häufig künstlich erweicht oder gefärbt.
Grundsätzlich gilt: Hanf ist eine umweltfreundliche Faserart, wenn der Anbau im besten Fall ökologisch ist und insofern die Weiterverarbeitung umweltschonend erfolgt. KonsumentInnen sollten daher auf Siegel wie das Global Organic Textile Standard (GOTS) achten.
Eine Marke, die Hanf erfolgreich einsetzt, ist Opera Campi. Das italienische Label produziert hochwertige Hanfbekleidung für Männer. Der „Zero Sweater“ beispielsweise wurde aus 100 % ungefärbtem und ungebleichtem Hanf hergestellt. Drei weitere textile Erfindungen, bei denen Hanf eine Hauptrolle spielt, kann sich das Label des Gründers Alberto Ziveris auch auf die Fahne schreiben: „La Canapa“, das federleichte Hanfgewebe sowie „Lanapa“, das wärmende Gewebe mit einer innovativen Garndrehtechnologie, die Merinowolle mit Hanf kombiniert. Und schließlich „Herotex“, ein dehnbares Garn, das zu 92 Prozent aus Hanf, 4 Prozent LYCRA® und 4 Prozent Polyester T400 besteht.
Quellen zu diesem Thema:
https://goodonyou.eco/material-guide-hemp/
https://materialarchiv.ch/de/ma:material_592/?maapi:f_all_groups=ma:group_775
https://slate.com/technology/2011/04/hemp-versus-cotton-which-is-better-for-the-environment.html
https://organicclothing.blogs.com/my_weblog/2005/12/hemp_facts_on_t.html
http://www.internationalhempassociation.org/jiha/iha02109.html