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Die Bedeutung des Fairtrade Siegels

Das Fairtrade Siegel ist wohl eines der bekanntesten Nachhaltigkeitssiegel in Deutschland. Die meisten kennen es von Produkten wie Schokolade, Kakao oder Kaffeebohnen. Jetzt erobert Fairtrade aber auch die Textilindustrie: Baumwolle gehört schon lange zu den Fairtrade-zertifizierbaren Rohstoffen; seit 2016 gibt es einen Standard für die gesamte Wertschöpfungskette: Der Fairtrade Textilstandard.
Text von Maya Classen
5/27/2021
Fairtrade SiegelFairtrade Siegel

Was bedeutet das Fairtrade Siegel?

 

Das Fairtrade Siegel bedeutet, dass ein Produkt, das mit dem Fairtrade Siegel gekennzeichnet ist, fair produziert und gehandelt wurde und die von Fairtrade festgelegten Standards bei der Herstellung eingehalten wurden. Wie diese Standards definiert werden und was für Fairtrade Siegel es für Textilien gibt, erklären wir hier.

 

Wie entstand Fairtrade?

 

Laut der World Fair Trade Organization (WFTO) begann die Bewegung für fairen Handel bereits vor über 60 Jahren. Während es anfangs nur vereinzelt Fair Trade Geschäfte gab und fair gehandelte Produkte nur dort zu kaufen waren, erlebte die Bewegung einen Aufschwung in den 60er und 70er Jahren als Nichtregierungsorganisationen und AktivistInnen die Notwendigkeit für mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel erkannten und die ersten Fair Trade Organisationen gegründet wurden. Bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung 1968 forderten Entwicklungsländer „Trade not Aid” („Handel statt Hilfe”) und bezogen sich damit auf die ungleichen Handelsbeziehungen zwischen dem globalen Norden und Süden, von denen der Süden oft nur in Form von Entwicklungshilfen profitierte. Um die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fair Trade Organisationen zu fördern, wurden in den späten 80ern die European Fair Trade Association und die WFTO ins Leben gerufen und regionale Netzwerke weltweit etabliert. 1992 wurde Transfair e.V. in Deutschland (Fairtrade Deutschland) gegründet und fünf Jahre später die Dachorganisation Fairtrade International.

 

Die Fairtrade Standards

 

Fairtrade setzt sich mit festgelegten Fairtrade Standards für den gerechten Welthandel und eine existenzsichernde Lebensgrundlage, bessere Zukunftsaussichten und mehr Selbstbestimmung für alle Bäuerinnen, Bauern und ArbeiterInnen ein. Die Standards lassen sich in drei Kategorien aufteilen und sind Voraussetzung für den Erhalt des Fairtrade-Siegels.

 

Sozial

Die sozialen Standards dienen vor allem der Unterstützung von Kleinbauern, Kleinbäuerinnen und ArbeiterInnen entlang der gesamten Handelskette und orientiert sich, ähnlich wie die Fair Wear Foundation und das GOTS-Siegel, an den Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Hierbei geht es um die Organisation und Förderung von demokratischen Gemeinschaften und gewerkschaftlichen Organisationen, geregelte Arbeitsbedingungen und das Verbot von Zwangsarbeit, ausbeuterischer Kinderarbeit und Diskriminierung. Unternehmen aus Ländern und Regionen, in denen keine Vereinigungsfreiheit herrscht, beispielsweise durch das Verbot von Gewerkschaften, können, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nicht Fairtrade zertifiziert werden.

 

Ökologisch

Zu den ökologischen Standards gehört umweltschonender Anbau, Schutz natürlicher Ressourcen, Verbot von gefährlichen Pestiziden, Verzicht auf gentechnisches Saatgut und Förderung des Bio-Anbaus durch den Bio-Zuschlag. Damit sich der Bio-Anbau für ProduzentInnen lohnt, zahlt der Käufer nochmal 10-20% des Fairtrade-Mindestpreises obendrauf. Obwohl diese Standards auch dem Umweltschutz dienen, steht der Mensch im Mittelpunkt. Das Augenmerk liegt auf dem Schutz der Gesundheit und mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.

 

Ökonomisch

Die ökonomischen Standards umfassen die Anforderungen für Händler und Hersteller von Fairtrade Produkten. Transparenz ist hier entscheidend, nicht nur in der Herstellung und Zusammensetzung von Produkten, sondern auch in Handelsbeziehungen und Geld- und Warenfluss. Außerdem zeichnet sich Fairtrade noch durch zwei Besonderheiten aus: dem Fairtrade-Mindestpreis und Fairtrade-Prämien.

  • Fairtrade-Mindestpreis: soll die durchschnittlichen Produktionskosten von nachhaltiger Ware decken. Der Fairtrade-Mindestpreis ist für alle Produktgruppen auf der Seite von Fairtrade International einsehbar. Ausgenommen sind nur eine handvoll Produkte, für die die Berechnung eines Mindestpreises aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist.
  • Fairtrade-Prämie: ist ein Zusatz zum Verkaufspreis. ProduzentInnenorgansationen können gemeinschaftlich entscheiden, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte diese Prämie investiert werden und welche Ziele damit erreicht werden sollen.

 

Der Fairtrade Textilstandard

 

Der Fairtrade Textilstandard wurde erstmals 2016 veröffentlicht und legt Standards für die Geschäftspraktiken innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette fest. Unternehmen, die Fairtrade-Textilien produzieren oder verkaufen möchten, müssen sich zur Einhaltung der Fairtrade Standards verpflichten und regelmäßige Kontrollen erlauben, um volle Transparenz in der Lieferkette zu ermöglichen. Auch der Fairtrade Textilstandard wird grob in soziale, ökologische und ökonomische Anforderungen aufgeteilt.

 

  • Zu den sozialen Anforderungen gehört die Förderung und Fortbildung der Belegschaft, aber auch faire Arbeitsbedingungen, wie das Zahlen von existenzsichernden Löhnen. Dieses Ziel muss innerhalb von sechs Jahren erreicht werden.
  • Zu den ökologischen Anforderungen zählt vor allem der Umweltschutz durch verantwortungsvollen Umgang mit (und das Verbot von) gefährlichen Chemikalien, die Aufbereitung von Abwasser, die Messung und Reduktion von Emissionen und Energie und der Handhabung von Müll.
  • Zuletzt werden in den ökonomischen Anforderungen auch die Regelungen für den Handel, also dem Kauf und Verkauf von Fairtrade Textilien und Fairtrade Baumwolle innerhalb der Fairtrade Lieferkette, festgehalten.

 

Das Fairtrade Siegel für Textilien

 

Nur Unternehmen und Produkte, die alle Anforderung des Textilstandards erfüllen, dürfen das „Fairtrade Textile Production” Siegel verwenden. Eine Besonderheit des Fairtrade Siegels ist, dass es nur mit Begleittext verwendet werden darf. Damit soll mehr Transparenz geschaffen werden und die Bedeutung des Siegels für KonsumentInnen klar verständlich hervorgehoben werden. Wenn ein Kleidungsstück also das Fairtrade Siegel auf dem Hangtag hat, bedeutet das, dass die festgelegten Textilstandards entlang der gesamten Lieferkette eingehalten wurden. Aus dem Begleittext erfährt man auch, ob bereits existenzsichernde Löhne an alle ArbeiterInnen gezahlt werden oder ob das Unternehmen erst noch auf dem Weg dorthin ist.

Waren, die mit dem Fairtrade-Textilstandard produziert wurden, dürfen dies nur direkt am Produkt kommunizieren, wenn die gesamte Lieferkette, also auch Subunternehmen, gemäß des Standards zertifiziert wurden. Wenn nicht alle, jedoch mindestens eine der Fabriken in der Lieferkette zertifiziert ist, darf ein Unternehmen seine Bemühungen „nur” außerhalb der Verpackungen kommunizieren, beispielsweise auf der eigenen Website.

 

Fairtrade Baumwolle

 

Unabhängig vom Textilstandard ist Baumwolle bisher der einzige textile Rohstoff, der von Fairtrade zertifiziert wird. Hier gibt es zwei verschiedene Siegel: das Fairtrade-Produkt-Siegel und das Fairtrade-Rohstoff Siegel. Die Kriterien sind weniger strikt als die für GOTS- zertifizierte Baumwolle, weil bei Fairtrade der Fokus vor allem auf den Arbeitsbedingungen, der Existenzsicherung und Förderung von Kleinbauern und -bäuerinnen liegt.

 

1. Spezielles Fairtrade-Produkt-Siegel

Dieses Siegel garantiert, dass die Baumwolle, die in dem Produkt verwendet wurde, zu 100% Fairtrade zertifiziert ist. Es informiert vor allem über den ersten Schritt der Wertschöpfungskette, nämlich den Anbau des Rohstoffes. Hier müssen Fairtrade Standards, wie das Zahlen von Fairtrade-Mindestpreisen und -Prämien oder der Verzicht auf genmanipuliertes Saatgut und gefährliche Chemikalien, eingehalten werden. Alle weiteren Beteiligten in den nachfolgenden Schritten der Lieferkette müssen nachweisen können, dass sie sich an die ILO-Kernarbeitsnormen halten oder, wenn sie das nicht können, sich überprüfen lassen. Die Baumwolle muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Anbau bis zum Verkauf des Endproduktes, zurückverfolgbar sein.

 

2. Fairtrade-Rohstoff-Siegel

Dieses Siegel bedeutet, dass eine vereinbarte Menge an Rohbaumwolle zu Fairtrade-Bedingungen eingekauft wurde, die Bauern und Bäuerinnen von den regulären Fairtrade Bedingungen profitieren (z.B. Mindestpreis und Prämien). Die Fairtrade Baumwolle darf allerdings mit konventioneller Baumwolle vermischt werden und muss nicht bis zum Endprodukt zurückverfolgbar sein.

 

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