Was ist der Sinn des Lebens? Auch auf die Gefahr hin, mich mit dieser Frage hier deutlich zu überheben, stellt sie sich doch gerade in Bezug auf die Nachhaltigkeit und das Nachdenken über den Sinn nachhaltiger Lebensführung. Denn, auch wenn der Sinn des Lebens für jede/n Einzelne/n woanders liegen mag, kann man sich ja vielleicht auf den folgenden Gedanken einigen: Ein Leben, in dem man selbst ein hohes Maß an persönlicher Zufriedenheit — oder gar an persönlichem Glück — erlangt hat, und dabei weder ZeitgenossInnen noch kommende Generationen in deren Möglichkeiten, zufrieden und glücklich zu leben, beschnitten und eingeschränkt hat, kann so sinnlos nicht gewesen sein. Diese fünf Bücher begleiten uns auf unserem nachhaltigen Weg:
„Ein Buch über Landwirtschaft“, so steht es in der Kurzbeschreibung des pala-Verlages, „das gerade deshalb so bedeutend ist, weil es eben nicht nur von der Landwirtschaft handelt.” Tatsache: Dieses Buch, das bereits 1983 zum ersten Mal auf Deutsch erschien und seither mehrmals neu aufgelegt wurde, ist größer.
Masanobu Fukuoka, der im August 2008, 95-jährig verstarb, erzählt darin von seiner Philosophie der „Nichts-Tun-Landwirtschaft“. Dabei handelt es sich um eine agrarische Praxis, die komplett auf chemische Düngemittel, Pestizide und Herbizide, und auch auf das Pflügen des Bodens verzichtet, und stattdessen auf Permakultur und die natürliche Widerstandskraft eines intakten Ökosystems setzt.
Aber bei dieser Beschreibung bleibt es nicht. Die Kernaussage des Buches könnte in etwa wie folgt lauten: Wenn wir die Art und Weise ändern, wie wir Nahrung anbauen, ändern wir auch die Art, wie wir unsere Nahrung wahrnehmen und wertschätzen. Wir erkennen Zusammenhänge zwischen gesunden Lebensmitteln und einer gesunden Natur und können geradezu schmecken, wie wertvoll der Einsatz jedes Einzelnen für nachhaltigere Formen der Landwirtschaft und eine intakte Natur ist. Wie gesagt: Dieses Buch ist auch Agrar-Ratgeber, aber vor allem: der ganz große Weg.
Erschienen 1983 im pala Verlag; ISBN: 978-3-89566-206-5
Der Wert von Gold ist ein rein fiktiver. Gold ist wertvoll, weil das jemand mal bestimmt hat und wir uns seither daran halten. Der Wert von Brot allerdings, ist wahrhaftig. Brot ist Nahrung und damit ist Brot auch Leben. Wir sollten es also in Gold aufwiegen — doch das geschieht in vielen Wohlstandsgesellschaften leider nicht. Stattdessen verschwenden wir laut Welthungerhilfe jedes Jahr rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel, während 690 Millionen Menschen auf dem Globus Hunger leiden.
Massimo Bottura, dessen „Osteria Francescana“ im italienischen Modena nicht nur seit Jahren mit drei Sternen im Guide Michelin geführt wird, sondern auch bereits zweimal (2016 und 2018) zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde, setzt sich seit einigen Jahren mit großem Einsatz gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ein. „Zero Waste“ lautet die Maßgabe, nach der Bottura und sein Team in mittlerweile zwölf sogenannten „Reffetorios” (italienisch für den Plural von „Refektorium“; ursprünglich der Speisesaal im Kloster) rund um den Globus (unter anderem in Mailand, Rio de Janeiro, New York und Lima) Lebensmittel lokaler Supermärkte und Gastronomien vor dem Müllcontainer retten, um daraus sehr hochwertige Gerichte für Bedürftige zu kreieren.
In seinem 2017 erschienenen Buch „Bread is Gold“ sammelt Massimo Bottura über 150 Rezepte von 45 internationalen SpitzenköchInnen (z.B. Alain Ducasse, Sarah Bowerman oder Andreas Caminada), die dazu anleiten, das, was im Brotkasten oder dem Gemüsefach doch mal wieder liegengeblieben ist, eben gerade nicht in den Müll zu werfen, sondern daraus noch wunderbare Drei-Gänge-Menüs zu zaubern. Zero Waste — nichts sollte verschwendet werden. Die Devise lautet: Mit dem Willen, nachhaltig mit Lebensmitteln umzugehen und der richtigen Anleitung, steckt in jeder braunen Banane oder schrumpligen Tomate noch das Potential, einen Menschen oder eine ganze Familie auf das Allerfeinste zu nähren. Brot ist Gold. Da ist es nur angemessen, dass sich 45 SpitzenköchInnen auch um die trockensten Brotkrumen bemühen.
Erschienen 2017 im Phaidon Verlag (bisher nur auf englisch); ISBN: 978-0-7148-7536-1
Nachhaltig zu leben, erschöpft sich nicht in den wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten. Nachhaltig ist es auch, langfristige Bindungen zu seinen Mitmenschen eingehen zu können und ein Wertesystem zu installieren, das auf den soliden Säulen des Respekts und der moralischen Integrität steht. „Verbrannte Erde hinterlassen“, heißt es, nachdem Wälder brannten, genauso, wie wenn Freundschaften oder ganze Gesellschaften auseinander divergieren. Denn so wie unsere Lungen die Bäume brauchen, brauchen unsere Herzen liebe Menschen, FreundInnen — wie die Luft zum Atmen, eben.
In diesem Buch, das bereits im Jahr 2000 erschien, zeigt der XIV. Dalai Lama Wege und Denkansätze auf, die uns näher an ein erfülltes Leben heranführen können. Denn, so erkannte es das politische und spirituelle Oberhaupt Tibets, gerade in der westlichen Welt leiden Menschen vermehrt — und trotz ihres durchschnittlich größeren Wohlstandes — an Unzufriedenheit. Linderung wird häufig im Konsum gesucht — ein Trugschluss.
In seinem „Buch der Menschlichkeit“ beschreibt der Dalai Lama, Schritt für Schritt, wie wir die positiven Wesenszüge in uns — z.B. Einfühlungsvermögen, Aufrichtigkeit und Gemeinschaftssinn — stärken und ein Leben in Einklang mit uns selbst und unseren Mitmenschen gelingen kann.
Erschienen 2000 im Lübbe Verlag; ISBN: 978-3-404-60514-9
„Kaffeekapseln“ aus Aluminium sollen plötzlich umweltfreundlich sein? Na ja, wird schon stimmen, wenn der lässige Typ aus Emergency Room und Ocean’s Eleven dafür wirbt. Und der Fleece-Pullover aus recyceltem Plastik, oder die „Ozeanjeans“ gelten fast als wortwörtliches „Pièces de Résistance“ für grüne BesserverdienerInnen. Hier gilt die Devise: Im Kampf gegen Klimakrise und Umweltverschmutzung braucht es nicht weniger Konsum, sondern mehr „ethischen Konsum“. Ach so, und BP heißt seit 1998 nicht mehr „British Petroleum“, sondern „Beyond Petroleum“, das Logo des Öl-Giganten — eine gelb-grüne Blume.
All das sind Beispiele für Greenwashing. Was drin ist, ist egal, und auf den Fassaden setzten die Marketing-Abteilungen vieler Großkonzerne auf die Suggestivkraft der Farbe Grün und die Bequemlichkeit der Konsumgesellschaft nicht weiter nachzufragen: Sind diese Produkte in den freundlichen Farben und mit den vielen Siegeln, die man nicht kennt, wirklich umweltschonend und nachhaltig produziert? Die Antwort müsste allzu oft lauten: Nein, es hat sich, abgesehen von der Verpackungsfarbe, rein gar nichts geändert? Aluminiumkapseln als Kaffeeträger sind so unnötig wie umweltschädlich; auch recyceltes Plastik ist Plastik und „Beyond Petroleum“ schert sich nicht mehr oder weniger um die Umwelt als „British Petroleum“. All das ist „Greenwashing“ — „grüne Lügen“. Die Journalistin und Autorin Kathrin Hartmann deckt in ihrem Buch einige dieser Lügen auf und pflegt dabei obendrein eine unterhaltsam-lesenswerte Schreibe.
PS: Unbedingt sehenswert ist auch die Dokumentation „Die Grüne Lüge“ von Regisseur Werner Boote, in der Kathrin Hartmann ebenfalls mit von der Partie ist (zu sehen unter anderem auf Amazon Prime).
Erschienen 2018 im Blessing Verlag; ISBN: 978-3-89667-609-2
Von der „grünen Lüge“ hin zur Modeindustrie ist der Weg nicht weit. Denn gerade in dieser Branche wird das Greenwashing meisterhaft betrieben.
In „Einfach anziehend“ führen uns der Modejournalist Alf-Tobias Zahn und die Textilexpertin Kirsten Brodde (unter anderem ist sie Leiterin der Detox-Kampagne von Greenpeace) die erschreckenden Auswirkungen der Fast-Fashion-Industrie knallhart vor Augen, um dann all jenen, die diesen Wahnsinn nicht noch weiter befeuern wollen, in zehn Schritten aufzuzeigen, wie es besser geht. Denn anstatt immer und immer wieder billigste Shirts oder Hosen zu kaufen, sollte laut Zahn und Brodde repariert, getauscht, secondhand-gekauft und upgecycelt werden. Und wenn es dann doch einmal etwas Neues sein soll, sollte unbedingt auf die richtigen (!) Siegel geachtet werden. Welche das sind, und auch, in welchen Läden man zum Beispiel öko-fair hergestellte Kleidung bekommt, verraten die beiden AutorInnen in ihrem Buch.
Erschienen 2018 im oekom Verlag, ISBN: 978-3-96238-054-0